Montag, 20. Oktober 2008

Olivenernte


Problematik
Viele palästinensische Familien beziehen ihren Lebensunterhalt zum Teil oder ganz aus der Ernte und Verarbeitung von Oliven. Viele der Olivenbäume - in Kaffin beispielsweise 70% - stehen auf dem Gebiet zwischen der Mauer und der Grünen Linie, also auf dem Gebiet, das nach dem Krieg 67 Palästina zugesprochen wurde und das nun von der Mauer illegal von der Westbank abgetrennt wurde. Sowohl zur Ernte als auch zur Pflege der Bäume braucht man natürlch relativ viele Leute, in Kaffin 3000. Um aber auf die andere Seite der Mauer zu kommen braucht man Permissions, Erlaubnisse, die von der Armee mehr oder weniger willkürlich erteilt werden, in Kaffin ungefähr 600 Stück. In anderen Orten innerhalb der Westbank braucht man zwar manchmal keine Permissions, dafür, besonders bei Olivenbäumen, die nahe an Siedlungen sind, werden die Palästinenser von Siedlern angegiffen (mit Steinen beworfen und mit Waffen bedroht/verjagt, gelegentlich auch an- oder erschossen) oder von der Armee nicht zu ihren Feldern gelassen.
Deswegen sind Israelis und Internationale bei der Olivenernte wichtig, zum einen als Hilfe bei der Arbeit, da nur wenige Palästinenser arbeiten können, zum anderen zum Schutz, denn auf Israelis und Internationale wird nicht geschossen (im Normalfall), also als Human Shields.


Palästinensische Familie aus Kaffin

Vorgeschichte
Oktober ist der Monat der Olivenernte und wir als Volontäre wollten da auch auf jeden Fall mitmachen. Es gibt ein paar Israelische Organisationen, die Reisebusse organisieren, um dann gemeinsam zur Olivenernte zu fahren. Letzte Woche Freitag wollten wir in Nilin pflücken gehen, allerdings haben wir es nicht geschafft morgens um 7 von Latrun bis nach Modi'in zu kommen, wo uns der Bus hätte mitnehmen können, also wollten wir diese Woche auf Nummer Sicher gehen und in Tel Aviv übernachten und dann morgens von Tel Aviv nach Kaffin zur Ernte fahren. Einen Platz zum Schlafen hatten wir auf eine Weise gefunden, die auch hier nicht ganz üblich ist: Vor 2-3 Wochen wurden Marvin und Sebastian beim Hitchhiken von einer Frau nach Jerusalem mitgenommen, die in Tel Aviv wohnt. Sie haben sich ein bisschen unterhalten und am Ende hat sie ihre Nummer an die beiden gegeben und gesagt, falls ihr mal nach Tel Aviv kommen wollt, ruft einfach an. Das hat Sebastian dann gemacht und so haben wir (Sebastian, Marvin, ich) dann am Freitag um halb 4 an der Juntion Nashon versucht nach Tel Aviv zu kommen.
Eigentlich wollten wir versuchen zu trampen und falls das nicht klappt den Bus nehmen. Der letzte Bus vor Shabbat war aber schon gefahren, nach 3 Stunden vergeblichen Wartens haben wir dann ein Taxi genommen. Als wir dann in ihrer Wohnung in Tel Aviv ankamen wurde uns zuerst Wein angeboten, danach die 2. Flasche, dann wurden wir bekocht, sind an den Strand gegangen, haben ein paar Bier getrunken, sind zurück gegangen, geschlafen, haben am nächsten morgen Kaffee gekriegt und wurden noch von ihr zur central train station gefahren. Also eine fast unheimliche nette, freundliche Person, wir kannten sie immerhin nur daher, dass sie Mavin und Sebastian mal mitgenommen hatte.


Ernte
Der Bus nach Kaffin ist dann erstmal ne dreiviertel Stunde zu spät (viertel vor 9) los gefahren und auf dem Weg kaputt gegangen. Mit dem Ersatzbus waren wir dann so da, dass wir um 11 Uhr angefangen haben Oliven zu ernten. Es waren ca. 60 Helfer da, die immer in 6-10 Gruppen einzelnen Familien bei der Ernte geholfen haben. Wir haben zusammen mit 2 Israelinnen und einer Italienerin (alle so Ende 20) gepflückt, die Anwälte für eine Human Rights Organisation in Jaffa sind und uns warscheinlich demnächst besuchen kommen. Die Ernte an sich ist nicht besonders anstregend, man zupft einfach die Oliven von den Bäumen und lässt sie auf Folien, die unter den Bäumen liegen, fallen und sortiert dann nachher die Blätter und Äste aus den Oliven, unterbrochen wird das von sehr leckerem Tee, der über Feuer gekocht wird.

Kaffin, das Dorf (10.000 Menschen), dessen Familien die Oliven gehören, arbeitet schon lange mit einem naheliegendem Kibbuz auf israelischer Seite gut und freundschaftlich/friedlich zusammen, beide Seiten haben sich dafür eingesetzt, dass die Mauer auf der Grünen Linie gebaut wird, jedoch ohne Erfolg. Seit (und wegen) des Mauerbaus wurden 3000 Bäume gefällt und verbrannt, die restlichen können nicht gut gepflegt werden, da es nur ein Tor in der Mauer gibt und die wenigen Palästinenser, die zu ihren Bäumen dürfen, statt 20 Minuten 3 Stunden für den Weg zu ihren Bäumen brauchen. Das ganze Dorf verliert durch die Mauer jedes Jahr um die 4.000.000 Schekel (800.000 €).
Wir haben zunächst mit einer Familie gepflückt, die mit ihrer Ernte fast durch war, nachdem wir ihre Ernte zu Ende gebracht haben, sind wir zu einer anderen Familie gegangen und haben dort bis ca. halb 5 Uhr geholfen.



Zurück
Da wir nur durch Naomi, ein Mädchen aus dem Dorf, das auch pflücken war, von der Ernte wussten und keine Mails bekommen hatten, hatten wir uns nichts zu essen mitgebracht. Dementsprechend hungrig waren wir am Ende des Tages.
So um 6 waren wir dann in Tel Aviv und haben den Bus zurück genommen und waren um 8 zurück in Neve Shalom, wo Marvin dann feststellen musste, dass er irgendwo seinen Zimmerschlüssel verloren hatte. Das stellt "zum Glück" nur ein mittelschweres Problem da, weil man alle Fenster hier mit nen bisschen Geschick aufhebeln kann.

2 Kommentare:

Anonym hat gesagt…

wow, die Bilder sind wunderschön - vor allem das letzte

Anonym hat gesagt…

Sind die grünen Oliven noch unreif und die blauen reif?
Da sie unter einem Baum liegen, sind es ja vermutlich nicht verschiedene Sorten.