Dienstag, 20. Januar 2009

Ein Deutscher, ein Engländer und ein Gazianer (ein Einwohner Gazas) sterben unerwartet.
Deprimiert über das Unglück, sich nicht verabschieden zu können, fragen sie den Teufel, ob es da nicht eine Möglichkeit gäbe, noch einmal kurz mit ihrer Familie zu sprechen.
Klar, sagt der Teufel, es gibt ein Telefon. Die Gebühren allerdings, müssen mit Jahren im Fegefeuer, entsprechend der Telefondauer bezahlt werden.
Der Deutsche ruft an, spricht mit seiner Frau und seinem Sohn und verabschiedet sich. Er braucht 5 Minuten. Das kostet ihn 2 Jahre Fegefeuer.
Der Engländer ruft an, spricht mit seiner Frau und seinen beiden Kindern. Er braucht 10 Minuten, es kostet ihn 4 Jahre Fegefeuer.
Der Gazianer ruft an. Arabisch ist bekanntlich eine blumige Sprache und um sich von seinen 14 Kindern und seiner Frau zu verabschieden braucht er 2 Stunden.
Es kostet in ein halbes Jahr Fegefeuer.
Der Deutsche und der Engländer beschweren sich. Dass der Teufel nicht gerecht sei, wäre ja bekannt, aber so unfair?
Wieso unfair, fragt der Teufel, ihr habt schließlich ein Ferngespräch geführt, seins hingegen war ein Ortsgespäch.

Montag, 19. Januar 2009

Waffenruhe

In Gaza gibt es nun eine Waffenruhe, zum Glück. Leider erst viel zu spät, 1300 Menschen sind getötet worden, nach Meinung einiger ein richtiges Massaker.
Zum Beispiel nach der Meinung von Ruven Moskovitsch. Mit dem 80 jährigen Holocoust-Überlebenden und Neve Shalom Mitbegründer haben Marvin und ich uns heute spontan getroffen, weil er im Dorf war. Er war sehr traurig und erbost über den Krieg und das Morden in Gaza.
Als Jude, der fließend deutsch spricht und bekannter Friedensaktivist, wurde er in der Vergangenheit öfters von deutschen Medien interviewed. Seiner Aussage nach allerdings nicht mehr, seit dem 2. Libanonkrieg 2006. Dort hatte er sich der israelischen Regierung und Bevölkerung gegenüber sehr kritisch geäußert und war im Interview "abgewürgt" worden.

Trotz seiner 80 Jahre haben wir ihn auch auf Friedensdemos in Tel Aviv getroffen, die während des Kriegs häufig stattfanden.

(Foto von Marvin)
Dieses Wochenende war politisch auch wieder voll Aktivität.
Die Menschenrechts-Organisation "Physicians for Human rights" (Ärtzte für Menschenrechte) hat die Erlaubnis gekriegt, einen LKW mit Hilfsgütern nach Gaza zu schicken. Um den LKW zu begleiten und gegen den Krieg, im Besonderen die Tötung von Medizinern, zu demonstrieren, sollten gemietete Busse aus Tel Aviv, Jerusalem, Taibeh und Beer Sheva sich treffen und den LKW bis zur Grenze geleiten, um dort zu demonstrieren.
Marvin und ich saßen im Bus von Jerusalem.
In Ashqelon wurden die Busse dann allerdings alle einzeln abgefangen und jeweils von 2-5 Streifenwagen an verschiedene Tankstellen eskortiert.
Dort wurde dann zunächst den Busfahrern ihr Führerschein weggenommen und die Leute festgehalten. Den Versuch, mit öffentlichen Verkehrsmitteln/Taxis zur Grenze zu kommen, hat die Polizei ebenfalls unterbunden.

Alles, obwohl die Demo eigentlich legal war und der normale Verkehr passieren durfte.
Schließlich wurden wir dann noch bis Jerusalem zurück eskortiert und durften erst in Bell's Garden in Jerusalem aussteigen.

Am Samstag war uns größerer Erfolg beschert.


Den Tag über sind Marvin, Sawsan, Maya, ich und Diana, eine neue Volontärin, die Donnerstag gekommen ist, in den Norden gefahren. Dort hat Sawsan uns die Dörfer um ihr Heimatdorf gezeigt, Dörfer aus denen 1948 Palästinenser vertrieben wurden.
Das war sehr interessant.


Sawasn

Am Abend waren dann Marvin, Sebastian, Sonia und ich auf einer Demo gegen den Krieg in Tel Aviv/Jaffa. Im Gegensatz zu den meisten Demos hier, war dies eine Demo bei der gelaufen wurde. Dadurch und durch die Größe, ich würde so 2000 Menschen schätzen, war die Dynamik und Atmosphäre der Demo besser als sonst und trotzdem friedlich.
Durch den Krieg haben sich einige im Dorf politisch (wieder) hochgerappelt und so waren auch einige Bewohner aus Wahad al Salam da. Unter anderm auch Shady, der, bevor der Krieg ausgebrochen war, noch auf keiner Demo war und durch die Umstände und vielleicht auch den Einfluß von Yuval, Marvin und mir sich deutlich politisiert hat.

Wie meistens waren übrigens etwa 80% der Demonstranten Juden, daher nur ein geringer Teil arabisch. Anti-Jüdische Sprüche, wie auf einigen deutschen Demos wohl gefallen sind, gab es also nicht, dafür neben vielen palästinensischen Flaggen auch eine israelische.

Donnerstag, 15. Januar 2009

غزة

Salam al Leikum,

In Gaza herrscht Krieg. Mehr als 1000 tote Palästinenser, 13 tote Israelis, über 4000 Verwundete.
Das ganze spielt sich nicht mehr als gute 50 km von hier, von Wahat al Salam/Neve Shalom, ab.

Ich möchte keine Schuld zuweisen, sowohl Israelis als auch Palästinenser wachsen meiner Meinung nach in Verhältnissen auf, die sowohl die Bomben auf, als auch die Raketen aus Gaza nachvollziehbar machen. Nichts desto trotz halte ich beides für falsch, halte ich jede einzelne Gewalttat, ob Rakete oder Bombe oder Blockade für falsch.

Frieden ist das aktive Streben nach der Abnahme von Gewalt, Ungerechtigkeit und Hass.

Selig sind die, die Frieden stiften. Die Wege Frieden zu stiften sind vielfältig, sei es im Gebet, in Form von Spenden, in der persönlichen Begegnung als auch in der Form von Friedensdemonstrationen.

Für die von euch, die in Mülheim und Umgebung wohnen, bietet sich da am kommenden Samstag eine Möglichkeit, hier eine Einladung, die ich von meiner Mutter weiterleite:

Shalom und Salam,

zu einer Aktion des Friedensforum Mülheim gegen den Krieg in Gaza wollen wir uns Samstag (17.01.09) treffen, und zwar um 11.30 Uhr an der Friedenstreppe (Bachstr.). Ein paar Aktionsplakate liegen für interessierte Teilnehmer bereit, friedliche Plakate können aber auch mitgebracht werden.

Dort werden Infos gegeben zur Aktion. Ein paar Texte leiten ein "Schweigen" ein, das von dem Glockengeläut der Petrikirche begleitet werden soll.

Um ca 12.15 Uhr geht es dann über die Schlossstr. zum KurtSchumacherPlatz. Dort soll um einen Olivenbaum eine Menschenkette gebildet werden.

Ende ca 13.15 Uhr, Info Tische und Unterlagen für eine Unterschriftensammlung stehen bereit.

Drop words, not bombs!

Liebe Grüße

Gerda

Es würde mich freuen, wenn sich der ein oder andere dazu einladen lassen würde.

Für die, die besorgt um mich sind: obwohl Gaza nur 50 km von hier entfernt ist, kriegen wir nur durch die Nachrichten vom Krieg zu hören. Hier ist es sicher.

Gottes Segen (und ich hoffe ihr habt diese etwas längere und politische Mail ganz gelesen ;-)

Jonathan



Im Frieden

"Schwere Zeiten"
sagte das Blei zum Studenten
"Wie sich's trifft"
sagte das Blut zum Stein
"Ohne Sorge"
sagte die Ruhe zur Ordnung
"In Gottes Namen"
sagen die Träger zum Sarg

Erich Fried

Freitag, 9. Januar 2009

Besuch

Über Silvester hatte ich eine gute Woche Besuch von meinem Bruder, Annika und Sonia.
Da wir uns zusammen ein Auto gemietet hatten, konnten wir relativ viel unternehmen. Hier einige Ausschnitte aus unserem Urlaub:
Zunächst sind wir nach Eilat gefahren, die südlichste Stadt Israels, direkt am Roten Meer in Sinai. Dort war es noch gute 20 Grad warm, so dass man noch gut am Strand essen, schwimmen, sitzen... konnte.

Einer der Höhepunkte der Reise war hier aufjedenfall das Kamelreiten. Ein ganz anderes Gefühl und deutlich höher als auf einem Pferd oder nem Esel. Übernachtet haben wir eine Nacht in einem Hostel.

In Bethlehem, haben wir uns die Geburts- und Weihnachtskirche angeguckt und dann sind wir (hauptsächlich Annika und Sonia) noch ein wenig shoppen gewesen und haben mit einem Tuchhändler, den ich ein bisschen kenne, Tee getrunken.
Silvester haben wir Falaffel gekocht und gegessen und zusammen mit einigen Jugendlichen ausm Dorf gefeiert.
Am Samstag haben wir dann in Jerusalem eine Alternative-Tour gemacht: das heißt, wir hatten einen Führer, wurden aber nicht hauptsächlich zu den historischen Stätten der Altstadt, sondern zu jüdischen Siedlungen in der Altstadt geführt. Da die Führung von einem Juden und tendenziell gegen die jüdischen Siedlungen war, war sie ausgewogen kritisch, informativ und meiner Meinung nach lohnenswert.

Schließlich waren wir noch im Toten Meer schwimmen und haben uns die Qumran-Höhlen angeschaut. Das Schwimmen im Toten Meer ist aufjedenfall eine spannende Erfahrung: Wasser, dass sich nicht verhält wie Wasser, sondern einen automatisch oben schwimmen lässt.

Alles in allem haben wir schon relativ viel gemacht und auch viel über Politik geredet, die drei sind schließlich einen Tag nach Kriegsbeginn in Gaza hier angekommen. Trotz der relativen Nähe (~60 km) hat man außerhalb von Gaza, also haben wir, (fast) nichts direkt vom Krieg mitbekommen, sondern nur durch Nachrichten etc.
Die Zeit war trotzdem sehr schön und es hat mich sehr gefreut, dass die drei da waren.