Montag, 19. Januar 2009

Waffenruhe

In Gaza gibt es nun eine Waffenruhe, zum Glück. Leider erst viel zu spät, 1300 Menschen sind getötet worden, nach Meinung einiger ein richtiges Massaker.
Zum Beispiel nach der Meinung von Ruven Moskovitsch. Mit dem 80 jährigen Holocoust-Überlebenden und Neve Shalom Mitbegründer haben Marvin und ich uns heute spontan getroffen, weil er im Dorf war. Er war sehr traurig und erbost über den Krieg und das Morden in Gaza.
Als Jude, der fließend deutsch spricht und bekannter Friedensaktivist, wurde er in der Vergangenheit öfters von deutschen Medien interviewed. Seiner Aussage nach allerdings nicht mehr, seit dem 2. Libanonkrieg 2006. Dort hatte er sich der israelischen Regierung und Bevölkerung gegenüber sehr kritisch geäußert und war im Interview "abgewürgt" worden.

Trotz seiner 80 Jahre haben wir ihn auch auf Friedensdemos in Tel Aviv getroffen, die während des Kriegs häufig stattfanden.

(Foto von Marvin)
Dieses Wochenende war politisch auch wieder voll Aktivität.
Die Menschenrechts-Organisation "Physicians for Human rights" (Ärtzte für Menschenrechte) hat die Erlaubnis gekriegt, einen LKW mit Hilfsgütern nach Gaza zu schicken. Um den LKW zu begleiten und gegen den Krieg, im Besonderen die Tötung von Medizinern, zu demonstrieren, sollten gemietete Busse aus Tel Aviv, Jerusalem, Taibeh und Beer Sheva sich treffen und den LKW bis zur Grenze geleiten, um dort zu demonstrieren.
Marvin und ich saßen im Bus von Jerusalem.
In Ashqelon wurden die Busse dann allerdings alle einzeln abgefangen und jeweils von 2-5 Streifenwagen an verschiedene Tankstellen eskortiert.
Dort wurde dann zunächst den Busfahrern ihr Führerschein weggenommen und die Leute festgehalten. Den Versuch, mit öffentlichen Verkehrsmitteln/Taxis zur Grenze zu kommen, hat die Polizei ebenfalls unterbunden.

Alles, obwohl die Demo eigentlich legal war und der normale Verkehr passieren durfte.
Schließlich wurden wir dann noch bis Jerusalem zurück eskortiert und durften erst in Bell's Garden in Jerusalem aussteigen.

Am Samstag war uns größerer Erfolg beschert.


Den Tag über sind Marvin, Sawsan, Maya, ich und Diana, eine neue Volontärin, die Donnerstag gekommen ist, in den Norden gefahren. Dort hat Sawsan uns die Dörfer um ihr Heimatdorf gezeigt, Dörfer aus denen 1948 Palästinenser vertrieben wurden.
Das war sehr interessant.


Sawasn

Am Abend waren dann Marvin, Sebastian, Sonia und ich auf einer Demo gegen den Krieg in Tel Aviv/Jaffa. Im Gegensatz zu den meisten Demos hier, war dies eine Demo bei der gelaufen wurde. Dadurch und durch die Größe, ich würde so 2000 Menschen schätzen, war die Dynamik und Atmosphäre der Demo besser als sonst und trotzdem friedlich.
Durch den Krieg haben sich einige im Dorf politisch (wieder) hochgerappelt und so waren auch einige Bewohner aus Wahad al Salam da. Unter anderm auch Shady, der, bevor der Krieg ausgebrochen war, noch auf keiner Demo war und durch die Umstände und vielleicht auch den Einfluß von Yuval, Marvin und mir sich deutlich politisiert hat.

Wie meistens waren übrigens etwa 80% der Demonstranten Juden, daher nur ein geringer Teil arabisch. Anti-Jüdische Sprüche, wie auf einigen deutschen Demos wohl gefallen sind, gab es also nicht, dafür neben vielen palästinensischen Flaggen auch eine israelische.

2 Kommentare:

Unknown hat gesagt…

Jonathan,
danke das du hier so genau beschreibst wie die stimmung in Israel ist.
Als deutscher einen holocaust überlebenden zu treffen ist sicherlich ein sehr prägendes ereignis.

Ich verstehe das verhältnis nicht indem dieser angriff gegen palästina durchgeführt wurde, 1600 tote sind absolut unverhältnismässig!

dein letzer absatz entspricht auch miner auffassung, ich habe das gefühl das in deutschland einige demonstrationen direkt immer in die "antizionistische" richtung gehen, für mich ist das nur ein verhängter antisemitismus.

viele grüße
Moritz

Anonym hat gesagt…

das thema der verhältnismäßigkeit....
werde dazu an dieser stelle erstmal nichts weiter sagen.

wichtig finde ich, dass es in israel durchaus möglich ist friedlich gegen den krieg zu protestieren. das ist hier in deutschland da eher anders, hier fliegen steine und flaggen werden heruntergerissen. wenn man dann hier auch noch die sprüche wie "tod tod israel" oder rufe nache einem "kalifat" hört dann kann man nur noch den kopf schütteln

@jonathan, respekt für euer engagement!